"Die Brahms-Sammlung im Memory of the World-Register der UNESCO"

Aufnahme der Brahms-Sammlung
im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
in das
Memory of the World-Register der UNESCO

 

 
Mit Beschluß vom 29. Juli 2005 wurde die Brahms-Sammlung im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien in das Memory of the World-Register der UNESCO aufgenommen.
Am 21. Februar 2006 wird in einem Festakt im Brahms-Saal des Musikvereins die Urkunde für diese hohe Auszeichnung von einer Vertreterin der UNESCO feierlich überreicht.

 



Die Brahms-Sammlung im
Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien



Von keinem der namhaften Komponisten des 18., 19. oder frühen 20. Jahrhunderts ist der Nachlaß so weitgehend geschlossen überliefert wie von Johannes Brahms. Er umfaßt seine Bibliothek, an ihn gerichtete Korrespondenz, seine Autographensammlung mit Handschriften anderer Komponisten und seine eigenen Musikautographe. Dieser Nachlaß bildete den Grundstock für die im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien seit mehr als hundert Jahren aufgebaute Brahms-Sammlung. Der Nachlaß wurde durch Korrespondenzen von Brahms, Bildmaterial verschiedenster Art (Photographien, Graphiken, Öl- und Pastellbilder), Gebrauchs- und Erinnerungsgegenstände sowie Literatur über Brahms ergänzt. Nachlässe der Brahms-Freunde Ignaz Brüll, Robert Fuchs, Johann Peter Gotthard und Familie Fellinger brachten ebenso wertvolle Erweiterungen wie die Übernahme von Brahms-Kollektionen aus Privatbesitz, deren größte und bedeutendste den jüngste Zuwachs für unsere Brahms-Sammlung darstellt. Wichtig war und ist bei dem kontinuierlichen Aufbau dieser Sammlung immer der Vorrang der Qualität vor der Quantität.

Die Brahms-Sammlung ist für die wissenschaftliche wie musikalische Beschäftigung mit diesem Komponisten von enormer Wichtigkeit, enthält aber auch bedeutsames Material zur Musik-, Literatur- und Kulturgeschichte seiner Zeit. Auch Brahms Interesse für damals historische Musik von der Renaissance bis zur Klassik spiegelt sich mit wertvollen Stücken in dieser Sammlung wieder, zum Beispiel mit seltenen Notendrucken aus dem 17. und 18. Jahrhundert oder mit Musikautographen von Mozart, Schubert und Schumann.

Einige Zahlen: Die Musikautographe von Brahms sind in 90 Signaturen gegliedert (z.T. jeweils mehrere Werke umfassend), die an Brahms gerichtete Korrespondenz stammt von 130 Korrespondenzpartnern und die vorhandenen Briefe von Brahms zählen gut 500 Stück, darunter sind namhafte Briefpartner wie Robert und Clara Schumann, Antonín Dvorak, Richard Strauss, aber auch Persönlichkeiten aus der Literatur, wie Gottfried Keller oder Iwan Turgeniew, und aus der Kunst, wie Adolf von Menzel.

Unter Brahms’ eigenen Musikhandschriften, die bei seinem Tod noch in seinem Besitz waren und deshalb an uns gelangt sind oder uns von ihm schon zu Lebzeiten übergeben wurden, finden sich so bedeutende Werke, wie das Deutsche Requiem, das Doppelkonzert, die „Liebesliederwalzer“ etc. Besonders interessant sind die hier erhaltenen Skizzen von Brahms, weil er sie in der Regel alle vernichtet hat und sich nur wenige Blätter in seinem Nachlaß fanden. Diesen kann man zum Beispiel entnehmen, dass er eine fünfte Symphonie projektiert hatte. Unter den vielen Ergänzungen dieses Nachlassbestandes sei der Erwerb der bislang verschollen gewesenen Messe von Brahms hervorgehoben, die umgehend publiziert werden konnte.

Mit der Bibliothek von Brahms kann man seine musikalischen Interessen verfolgen, in der Literatur schmökern, die er gelesen hat, mit ihm Schopenhauer und Nietzsche studieren, seine Interessen an Politik und Zeitgeschichte erkennen und anhand seiner Baedeker (mit vielen Gebrauchsspuren und Eintragungen) Brahms’ Reisen nachvollziehen.

An den vielen Bilddokumenten fasziniert, dass Brahms der erste Komponist der Musikgeschichte ist, von dem viele photographische „Schnappschüsse“ existieren, die in einem bemerkenswerten – erfreulichen – Kontrast zu seinen „offiziellen“ Portraits stehen.

Die Sammlung ist seit ca. 70 Jahren in zahlreichen Publikationen dokumentiert und wird laufend von Wissenschaftlern und Musikern aus aller Welt konsultiert.
Eine solche Sammlung verpflichtet: Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ist neben der dafür eigens gegründeten „Johannes Brahms Gesamtausgabe e.V.“ (in München, Editionsleitung in Kiel) Mitherausgeberin der Neuen Brahms-Ausgabe, die z.Z. im G. Henle-Verlag (München) erscheint.