Mit Pauken und Trompeten

Ausstellung

 

MIT PAUKEN UND TROMPETEN

Repräsentation und Musik

 

 

Ausstellungssaal des Musikvereins


4. November bis 23. Dezember 2016

 

 

 
Montag bis Freitag 9 – 18 Uhr, Samstag 9 – 14 Uhr
an Sonn- und Feiertagen geschlossen.
Eintritt: € 5,- (ermäßigt : € 3,-)
Führungen (€ 2.– pro Person):
Dienstag 16 Uhr
Samstag 11 Uhr
sowie für Gruppen nach Vereinbarung

Die Ausstellung ist auch bei Konzerten geöffnet, die von der
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien veranstaltet werden, sowie bei
den Philharmonischen Abonnementkonzerten -
jeweils eine halbe Stunde vor Konzertbeginn und in den Konzertpausen.

Auskünfte und Informationen: office@a-wgm.com
TEL +43 1 505 86 81 44, FAX +43 1 505 86 81 66
 
  

Ball im Teatro di San Carlo in Neapel, gegeben von dem spanischen
Infanten Karl, König beider Sizilien, anlässlich der Geburt seines ersten Sohnes und Thronfolgers Filippo
Kolorierte Radierung von Vincenzo Dal Re, Neapel 1749



Die Anforderung, Musik zur Repräsentation zu schreiben, hat viele Komponisten zu ihren besten Werken, ja, oft zu wahren Meisterwerken inspiriert. Das war eine der vielen Aufgaben der Musik und ist der schönste Beweis dafür, dass heute die Begriffe Gelegenheits- und  Gebrauchsmusik  zu Unrecht negativ besetzt sind. Für repräsentative Anlässe und damit für ein hochkarätiges und zahlreiches Publikum musikalische Kunstwerke zu schaffen, war eine unvergleichliche künstlerische Herausforderung.
 

Andreas Rauch
Motette auf Kaiser Ferdinand II.
publiziert 1648
Stimmbuch für Alt

Georg Friedrich Händel
Anthem für die Beerdigung von
Königin Caroline von England,
 Partitur, Erstausgabe, London 1738


Igor Strawinsky
Elegy for J[ohn] F. K[ennedy]
für Bariton und drei Klarinetten
Partitur, Erstausgabe 1964

 


In der Ausstellung zeigen wir Beispiele für Repräsentationsmusiken und ihre zweckdienliche Produktion aus dem 16. bis 20. Jahrhundert, aus verschiedensten europäischen Ländern, vom Königreich Neapel bis Norwegen, von Russland bis Großbritannien, und Beispiele für die unterschiedlichsten Anlässe zum Repräsentieren mit Musik. Dass damit auch eigene musikalische Gattungen und spezielle Formen der Musikproduktion entstanden sind, soll in dieser Ausstellung ebenfalls in Erinnerung gerufen werden.

Kaiser- und Königskrönungen sowie Erbhuldigungen waren mit groß inszenierten Feierlichkeiten verbunden, bei denen die Musik in verschiedenen Funktionen eine wesentliche Rolle spielte.
 


Krönung des damals neunjährigen Erzherzog Joseph
und späteren Kaisers Joseph I. am 9. Dezember 1687
im Dom zu Preßburg zum König von Ungarn
Unbezeichnete Radierung

Krönung König George IV. am 19. Juli 1821 in
Westminster Abbey
Kolorierte Aquatinta 

 

Georg Friedrich Händel, Coronation Anthems, London um 1770,
komponiert über Auftrag  des Königspaares für die Krönung König Georg II.

Edward Elgar, Coronation Ode, op. 44,  London 1902,
 komponiert anlässlich der Krönung König Edward VII.

 

Das Te Deum in der Hofburgkapelle nach vollzogener Erbhuldigung
für Kaiser Leopold II. am 8. April 1790
Kolorierter Kupferstich von Hieronymus Löschenkohl




Ausschnitt: Die Mitglieder der Hofmusikkapelle
unter der Leitung von Antonio Salieri, 
der mit der Notenrolle in der Hand 
ein doppelchöriges Te Deum dirigiert



Bei Krönungen und Erbhuldigungen wurde auch für Volksbelustigungen gesorgt, die immer mit Musik verbunden waren.
Bei der Erbhuldigung für Erzherzogin Maria Theresia gab es einen Weinbrunnen, bei dem sich jeder bedienen konnte.
 

Festarchitektur, 1741 vom Wiener Stadtrat
anlässlich der Erbhuldigung für
Erzherzogin Maria Theresia errichtet

Weinbrunnen

Pauken und Trompeten



Tafelmusik war bei Staatsfesten und Empfängen für Staatsgäste nicht wegzudenken und erhöhte auf einzigartige Weise den repräsentativen Charakter des jeweiligen Anlasses. Von allen musikalischen Repräsentationsformen fand die Tafelmusik die weiteste Nachahmung und wurde auch in adeligen oder bürgerliche Feste übernommen.
 


Die Festtafel zur Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände 
für Kaiser Ferdinand III. am 5. September 1651
in der Wiener Hofburg 

Ausschnitt:
Musikensemble auf eigens
dafür errichteter Musikbühne

 

Festtafel zum Jahrestag des Abschlusses des
sogenannten Westfälischen Friedens
, Nürnberg 1649

Johann Georg Reutter,
(1746-1769 Hofkapellmeister in Wien),
 "Tafelmusik", zeitgenössische Orchesterstimmen



Friedensschlüsse und Siegesfestlichkeiten nach bestandenen Schlachten boten ebenfalls die Gelegenheit zur Komposition und Aufführung von repräsentativen Werken.
 

Isabella Leonarda, „Victoria“,
Motette für Singstimme und Basso Continuo
auf den Sieg Kaiser Leopold I. über die Türken,
Mailand 1686

Georg Friedrich Händel, A Grand Te Deum
Composed in the Year 1713 For the Peace of Utrecht,
Partitur, London 1789.
 Aufgeführt beim Dank-Gottesdienst
 in der St. Paul’s Cathedral.


 

Hochzeiten hatten zumeist auch große politische Bedeutung und wurden aus diesem Grund besonders prunkvoll gestaltet, wobei neben den kirchlichen Zeremonien vor allem Bälle und Opernaufführungen zu Ehren des Brautpaares gegeben wurden, als repräsentativste Form galt aber das Rossballett.
 

Ball anlässlich der Vermählung des Dauphin Louis Ferdinand mit der Bourbonen-Prinzessin Maria Teresa, Infantin von Spanien, gegeben von Ludwig XV.
am 24. Februar 1745 in Versailles


Johann Adolf Hasse, Acide al Bivio, Oper nach einem Text von Pietro Metastasio, Textbuch, Wien 1760. Festoper zur Vermählung von Erzherzog Joseph, dem
nachmaligen Kaiser Joseph II., mit der spanischen Infantin Isabella von
Bourbon-Parma

 

Das Rossballett im Inneren Burghof zu Wien anlässlich der Vermählung Kaiser Leopold I.
mit Margarita Infantin von Spanien am 24. Jänner 1667 
Das Rossballett wurde zur Musik von Antonio Bertali und Johann Heinrich Schmelzer aufgeführt.


 

Private Ereignisse innerhalb der Familie waren  auch dynastische und wurden daher öffentlich gefeiert. Geburten, Namens- und Geburtstage waren daher vielfach Anlass für Repräsentationsmusiken.
 

Antonio Caldara, Fabriccio, Oper.
Autographe Partitur, 1729,
aufgeführt  anlässlich des Namenstages von Kaiser Karl VI.
am 4. November 1729 im großen Hoftheater

Johann Adolf Hasse, Il Trionfo di Clelia, Festoper zur Niederkunft von
Erzherzogin Isabella, Gattin von Erzherzog Joseph,
dem nachmaligen Kaiser Joseph II.
Libretto, Wien 1762



Um Repräsentationsmusik im wahrsten Sinn des Wortes handelte es sich bei dem jährlich stattfindenden, zweitägigen Fest anlässlich der sogenannten Chinea, der Tributzahlung, die die Könige von Neapel als Vasallen des Papstes diesem jedes Jahr zu leisten hatten. Die Übergabe dieses Tributs in Form eines Geldbetrages und eines Schimmels erfolgte jeweils am 29. Juni, dem Fest der Heiligen Petrus und Paulus, im Petersdom. Bei dem vom Königreich Neapel für die römische Bevölkerung ausgerichteten Fest wurde eine aufwendige Festarchitektur für ein grandioses Feuerwerk  errichtet. Auf und aus dieser Festarchitektur wurde die unterschiedlichste Musik zur Unterhaltung des Volkes dargeboten.
 

Chinea des  Jahres 1770 mit zwei setlich poitionierten Orchestern
Radierung von Giuseppe Vasi nach Paolo Posi






Ausschnitt:
Orchester auf der rechten Seite der Chinea



Eng verwandt mit dem Repräsentieren war das Identifizieren mit Musik, weshalb in der Ausstellung auch an das Entstehen der drei ältesten Staats-Hymnen erinnert wird.  Mit der Einführung nationaler staatlicher Hymnen wurde Repräsentationsmusik zur Identifikationsmusik.
 
Der Verlag Gebrüder Schott in Mainz hat um die Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals eine Sammlung solcher National-Hymnen in einer Klavierfassung von Ferdinand Beyer publiziert:
 

 


In der Ausstellung bleibt der Missbrauch von Musik durch Ideologien ausgeklammert, weil dies ein eigener großer Themenbereich ist, soll aber nicht unangesprochen sein.

Nachdenken kann man darüber, warum die Zweckbestimmung der Musik zur Repräsentation heute im wesentlichen nicht mehr oder nur mehr ganz rudimentär aktuell ist: Der Marsch zum Abschreiten einer Ehrenkompanie oder die Intonation von Hymnen sind die letzten Reste von dieser einst so wichtigen und in dieser Ausstellung mit ausgewählten Beispielen in Erinnerung gerufenen Aufgabe der Musik.
 

Krönungszug von König James II. am 23. April 1685 in London
Kolorierte Radierung von Nicholas Yeates
Ausschnitt:  Bläserchor mit zwei Posaunen und einem Zink.